Immobilien im Betriebsvermögen
Böse Überraschung nach Aufgabe der Praxis
Folgendes Beispiel verdeutlicht die Problematik: Vor 35 Jahren baute Dr. Meyer* gemeinsam mit seiner Ehefrau ein Einfamilienhaus. Im Erdgeschoss richtete sich Dr. Meyer seine Praxis ein, im Obergeschoss befindet sich die Privatwohnung der Eheleute. Das Ehepaar ist jeweils zur Hälfte Eigentümer des gesamten Grundstücks.
Der auf die Praxis entfallende Teil des Grund und Bodens sowie des Gebäudes stellt mit dem Anteil von Dr. Meyer (50 %) im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit notwendiges Betriebsvermögen dar. Der Grund- und Bodenanteil wurde mit den Anschaffungskosten aktiviert, der Gebäudeanteil mit den Herstellungskosten. Der Gebäudeteil wurde über die Jahre abgeschrieben und steht zum Zeitpunkt der Aufgabe der Praxis nur noch mit einem geringen Restbuchwert in den Büchern.
Nach Aufgabe der Praxis ist der betriebliche Grundstücksanteil aus dem Betriebsvermögen zu entnehmen und wird zu Privatvermögen.
Mittlerweile hat die Immobilie – insbesondere das Grundstück – eine erhebliche Wertsteigerung erfahren. Die Entnahme ist mit dem entsprechenden Teilwert zu bewerten. Der Entnahmegewinn ermittelt sich aus der Differenz zwischen diesem Teilwert und dem Restbuchwert: Das heißt, die „stillen Reserven“ werden aufgedeckt und versteuert. Für Herrn Dr. Meyer ergibt sich eine erhebliche Steuernachzahlung. Durch eine Teilungserklärung in zwei Einheiten – Ehefrau baut Praxis und Ehemann die Privatwohnung – wäre das gesamte Grundstück Privatvermögen geblieben.
Durch die Vermietung der Praxis an den Ehemann hätte Frau Meyer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt und die Abschreibungen in Anspruch genommen. Eine Nutzungsänderung des Erdgeschosses (Vermietung als Wohnung oder Selbstnutzung) hätte zu keiner Steuerbelastung geführt, da kein Entnahmevorgang vorliegt. Auch ein Verkauf der Immobilie hätte keine steuerlichen Folgen, da das Grundstück länger als 10 Jahre im Besitz von Frau Meyer war.
Vor allem im Zusammenhang mit Betriebsgrundstücken kann eine Betriebsaufgabe vor dem 55. Lebensjahr zu erheblichen Steuernachteilen führen. Denn dabei werden auf einen Schlag die stillen Reserven des gesamten Betriebs aufgedeckt. In diesem Fall steht Ihnen für den Aufgabegewinn weder ein Freibetrag noch eine Vergünstigung bei der Höhe des Steuersatzes zu.
*Name fiktiv